Eins, zwei, drei, Straße frei! Bobbycars weihen Ortsdurchfahrt Lastau ein


1,3 Millionen Euro fließen in wichtige Verbindungsstraße zwischen den Kreisen Leipzig und Mittelsachsen. Der Verkehr wird voraussichtlich ab 28. Oktober freigegeben.

von Haig Latchinian

Colditz/Lastau. Für die Kreisverwaltung im fernen Borna ist es nur ein einziger von insgesamt 555 zu betreuenden Kilometern. Für die Lastauer dagegen scheint es die wichtigste Straße des Universums zu sein. Nach anderthalbjähriger Bauzeitist die Ortsdurchfahrtfertig. Der Dorfgemeinschaft war das jetzt ein Fest wert – mit Bratwurst, Brötchen und Bier. Tische und Bänke, dazu eine von Kinderhand beschriebene Schultafel: Herzlich Willkommen! An der Haltestelle wartete das „Klassenzimmer unter freiem Himmel“ weder auf Lehrer noch Direktor, vielmehr auf Bürgermeister Robert Zillmann undLandrat Henry Graichen. Beide ließen sich nicht lange betteln, durchschnitten prompt das symbolisch gespannte rote Bänder Sympathie. Die in Pole-Position lauernden Kinder auf ihren Tretautos konnten „Gummi“ geben. Sie waren die vorerst einzigen. Die Ortsdurchfahrt wird erst am 28. Oktober behördlich begutachtet und freigegeben. „Wir hoffen, dass es keine Rennstrecke wird“, warnt Bewohner Ronny Kriz. Denn statt wie bisher an urige Katzenköpfe erinnert die Straße nun eher an einen glatten Baby-Popo. Der Abwasserzweckverband Hainichen sorgte für Kanal und Wasserleitung, der Kreis für die Straße, die Kommune für Fußweg undBeleuchtung.EineWin-Win-Situation für alle Beteiligten, nannte es Frieder Erdmann, Chef der Baufirma. Bauleiter Franz König, Vorarbeiter Nico Zehm, Baggerfahrer Olaf Gehlhardt und Rohrleger André Hönicke wünschten jederzeit unfallfreie Fahrt. Fast 700000 Euro investierte der Abwasserentsorger, 385000 der Kreis, 250000 die Stadt Colditz. Jeder Grundstückseigentümer zahlte 4500 Euro für den Hausanschluss. Dirk Kunze, kaufmännischer Verbandsgeschäftsleiter und Ur-Geringswalder: „Als Jugendlicher hüpfte ich mit dem Moped immer übers Lastauer Kopfsteinpflaster. Das ist jetzt ein großer Fortschritt.“ Er spendierte 200 Euro für die Festkasse. Udo Feist, Manfred Meißner, Sven Nestler und all die anderen Lastauer hatten die chaotischen Straßenverhältnisse zuletzt immer wieder kritisiert. Mit einer Unterschriftensammlung hatte das 222-Seelen-Dorf auf den fehlenden Fußweg aufmerksam gemacht. Senioren konnten ihre Rollatoren, junge Eltern ihre Kinderwagen nicht schieben. Die Steppkes mussten ungeschützt auf den gut 600 Metern zwischen Kindergarten und Gemeinschaftshaus pendeln. Ein Ärgernis war auch die Lärmbelästigung: „Wenn Laster mit leeren Hängern durchs Dorf polterten,nervte das die Anwohner“, sagte Ronny Kriz vom Heimatverein. Die Wasserleitung hatten die Lastauerin der DDR noch größtenteils in Eigenleistung gebaut. Bezahlt hatte es ein gewisser Erich. Nicht der aus dem Ort, „sondern der andere, in Berlin“. Und so sah die Straße zuletzt auch aus. Jeder hatte damals gebuddelt und gepflastert. Umso glücklicher zeigte sich Bürgermeister Zillmann (parteilos)über das jetzige Ergebnis,das sich sehen lassen könne: „Ein Dank an den Stadtrat,der sich in finanziell schwierigen Zeiten zu Lastau bekannte.“ Landrat Graichen (CDU) betonte die Bedeutung der Ortsdurchfahrt. Sie verbinde nicht nur Colditz und Geringswalde, sondern auch den Landkreis Leipzig mit Mittelsachsen. Über ein Jahr war die Kreisstraße gesperrt, Pendler mussten zum Teil weiträumige Umfahrungen über Kralapp und Rüx in Kauf nehmen. Aber was nütze die schönste Straße, wenn im Dorf tote Hose sei, holte der Landrat aus. „Aber genau das ist in Lastau nicht der Fall. Sie liebe Lastauerinnen und Lastauer halten zusammen, stellen immer wieder eine Menge auf die Beine. Ich denke da an die Spielplatz-Eröffnung und nicht zuletzt an das heutige Straßenfest.“ Im nächsten Jahr, vermutlich ab Februar, würden weitere Kanäle verlegt, um auch die Häuser in den Seitenstraßen anzuschließen. Unterhalb der neuen Ortsdurchfahrt fließe das Schmutzwasser schon jetzt, verrät Verbandsgeschäftsleiter Kunze:„Gereinigt wird es betriebssicher und umweltfreundlich – in der Pflanzenkläranlage am Ortsausgang, im Wurzelbereich des Schilfs.“ Unter den vielen Feiernden war auch Günter Leupold. Der Wirt der Gaststätte „Rüsterhof“ ist bekennender Lastauer. Seine Ur-Großeltern hatten den alten Bauernhof einst gekauft. 1996 machte der Wirt ein Gasthaus mit Pension daraus. Nach Corona-Lockdown und Straßensperrung sieht er nun besseren Zeiten entgegen: „Vor allem die Stammgäste halten uns die Treue.“

 

Nach anderthalbjähriger Bauzeit wird die Fertigstellung der Kreisstraße in Lastau gefeiert. Das rote Band wurde zumindest für die jüngsten Verkehrsteilnehmer durchschnitten. Während sie erste Runden drehen durften, soll die offizielle Verkehrsfreigabe in den nächsten Tagen erfolgen. FOTO: THOMAS KUBE

Nach anderthalbjähriger Bauzeit wird die Fertigstellung der Kreisstraße in Lastau gefeiert. Das rote Band wurde zumindest für die jüngsten Verkehrsteilnehmer durchschnitten. Während sie erste Runden drehen durften, soll die offizielle Verkehrsfreigabe in den nächsten Tagen erfolgen. FOTO: THOMAS KUBE

 

Unser Dorf hat Zukunft: Im Rahmen der Einweihung der Straße wurde auch dieses Schild gestaltet. Es soll in Sichtweite befestigt werden.FOTO: THOMAS KUBE

 Landrat Henry Graichen (l.) und Bürgermeister Robert Zillmann geben die Straße zumindest für die Jüngsten frei. FOTO: THOMAS KUBE